Planen: Yay oder Nay?

Handschriftliche Notizen

Verschiedene Planer erfreuen sich seit etlichen Jahren immer größerer Beliebtheit. Einschließlich Trends wie Bullet Journaling, Planung via Notion oder OneNote bis hin zu reinen Verzierungsideen via Scrapbooking. Die Frage, die sich jedoch immer wieder stellt: Braucht man denn überhaupt Planer? Brauchst DU einen Planer? Muss man alles mögliche planen?

Meine eigene Planungs-Biografie

Ich selbst war immer riesiger Fan von Listen und Planern. Gepaart mit meiner Leidenschaft, ständig irgendwelche Stifte oder eben Hefte und Blöcke zu kaufen, führte das zu teils seltsamen Auswüchsen. Gepflegt und zelebriert habe ich all diese Listen mit einer Begeisterung, die auch mein Umfeld stets mit teilen „durfte“. Die hatten zumindest damals eher wenig Verständnis für meine Begeisterung. Das ging so weit, dass mir ein Bekannter mal sagte, diese ganzen Listen, das sei ja nicht „normal“.

Zu einer Zeit, zu der mir wirklich alles im Leben zu viel wurde, empfahl mein Umfeld mir entsprechend nachdrücklicher, mit den ganzen Listen und Planungen aufzuhören. Dazu geneigt, wirklich alle möglichen Tipps anzunehmen, um wieder mehr Struktur und Ruhe in mein Leben zu kriegen, habe ich mir diese Angewohnheit also tatsächlich abtrainiert. Mühsam abtrainiert.

Was ist dann passiert?

Ich würde sagen, es hat drei Phasen gegeben, die ich durchlaufen habe, als ich so gut wie nichts mehr notiert habe. In der ersten war ich angestrengter als vorher und fühlte mich einer liebgewonnenen Angewohnheit beraubt. In der zweiten kam ich damit zurecht, eben so gut wie nichts mehr aufzuschreiben. Es ist aber auch vieles für mich verloren gegangen. Einmal die Zeit des Notierens selbst und die Existenz all meiner Listen, aber auch so einige Tätigkeiten, die ich zuvor eben nur untergebracht hatte, weil ich alles sehr strikt getaktet hatte. Das bringt zwangsläufig mehr Ruhe ins Leben. Und in Phase Drei schließlich habe ich für mich erkannt: Keine Listen und Pläne zu notieren ist auch keine Lösung. Um nicht zu sagen, es ist – für mich zumindest – Unsinn.

Was ich plane und liste

Kurzum: so ziemlich alles. Ich plane Einkäufe und Essenspläne, vor allem aber Zeitpläne. Ich organisiere so meine Dienstpläne und sämtliche Termine drum herum. Vorlesungen, Fortbildungen,  Arzttermine, private Termine. Ich liste alle Ideen auf, die mir in den Sinn kommen. Vorausgesetzt, ich habe Papier und Stift zur Hand. Ich liste auf, welche Pflanzen ich aussäen oder kaufen möchte, wie ich den Garten gestalten möchte, wohin ich gerne reisen möchte, welche Filme ich mir gern anschauen und welche Bücher ich gerne lesen würde, welche Anschaffungen mir in den Sinn kommen, was gute Geschenkideen für XYZ wären …

Handschriftliche Notizen

Was bringt das?

Alles, was ich aufschreibe, geht mir nicht verloren. Es ist aufgeschrieben und bleibt solange, bis ich beschließe, dass ich es nicht mehr brauche. Ich muss mich daran nicht bewusst erinnern oder ständig daran denken. Es ist abrufbar für mich. Das schafft für mich Freiräume im Kopf, die ich für andere Sachen nutzen kann (einschließlich neuer Ideen für neue Listen ;)). Es nimmt Druck für mich raus, weil ich nicht ständig Angst habe, etwas zu vergessen, im entscheidenden Moment keine Idee zu haben (zum Beispiel bei Geburtstagsgeschenken) oder einen wichtigen Termin zu verpassen.

Wo liegt der Trick beim Planen?

Meiner Ansicht nach sehen viele Planer als viel zu striktes Element. Alles, was geplant wird, MUSS dann genau so und genau dann passieren. Daher – so vermute ich – kam auch der häufige Rat an mich, das Planen und das Listen sein zu lassen. Aus der Annahme anderer heraus, dass mir das einen enormen Druck gibt. Das war und ist aber nicht so.

Wichtig: Dinge zu planen oder zu listen soll dir helfen und dich unterstützen. Wenn es stattdessen Druck aufbaut, stimmt tatsächlich was mit dem Handling nicht.

Ich muss gar nix

Dieser Satz ist nicht nur beliebt als T-Shirt-Aufdruck oder als Liedtitel, sondern auch ein guter Leitsatz fürs Leben, wie ich finde. Für mich persönlich habe ich ihn schon vor etwa zwei Jahrzehnten etwas erweitert: Ich muss gar nix – nur mit den Konsequenzen meiner Entscheidungen daraus leben können.

Ich muss zum Beispiel mein Studium nicht abschließen. Ich kann einfach hinwerfen. Und die bisherigen fünf Semester waren dann nicht mal „umsonst“, denn gelernt habe ich ja dennoch eine Menge. Aber möchte ich das wirklich, einfach vorher hinwerfen? Das ist nämlich die eigentliche Frage. Die Antwort darauf ist für mich ein klares Nein. Und – zack – habe ich schon wieder mehr Motivation einfach dadurch, dass ich mir bewusst gemacht habe, dass mich gerade vielleicht der Termindruck nervt, die Hin- und Herfahrerei, die viele Lektüre oder sonst was, aber dass es etwas ist, für das ich mich bewusst entscheide.

Anderes Beispiel: Haushalt. Ich muss nicht aufräumen oder putzen. Aber möchte ich das wirklich? Kurzfristig gesehen bestimmt öfters mal. Aber was passiert dann und was ergibt sich daraus? Ich hab es schon ausprobiert und kann sagen: Unordnung und Dreck lasten auf der Seele (und der Lunge). Man fühlt sich unwohl, fühlt sich erschlagen von Krempel und Unverräumtem, wo man vorher mit einem wohligen Seufzer und einer Tasse Tee (oder Wasser oder was auch sonst) Zeiten hatte, in denen man auf der Couch saß, vielleicht mit einem guten Buch. Zeiten, in denen man sich erholt hat. Trotz Aufräumen und Putzen. Oder gerade deswegen?

Der Strahl zwischen Schwarz und Weiß

Viele neigen dazu, Dinge absolut zu betrachten. Etwas ist zu 100% gut oder schlecht, viel oder wenig, muss oder kann. So funktioniert das Leben aber nun mal nicht. Das Leben hat Grautöne und eine Menge bunter Farben. Und dich auf genau diesen Ebenen positiv zu unterstützen, dabei können Listen und Planer helfen.

Sagen wir, du fängst gerade erst mit Listen und Planern an. Du möchtest aufschreiben, was wöchentlich in der Küche zu erledigen ist. Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du von deinem perfekten Bild in einer perfekten Welt ausgehst und viele Dinge aufschreibst, bei denen es eher unrealistisch ist, dass du sie wirklich jede Woche umsetzt. Und wenn du ehrlich bist, hast du sie bislang auch nicht, und schon gar nicht 100%-ig, wöchentlich erledigt. Dann kommt das hinzu, was die meisten das Planen schnell wieder aufgeben lässt: das Leben.

Du hast dir vorgestellt, an deinem freien Tag eben diese ganzen Wochenaufgaben zu erledigen. Aber dann fühlst du dich an dem Tag gar nicht so gut, ein Termin oder mehrere sind dazu gekommen an diesem Tag, die du natürlich nicht eingeplant hast, vielleicht hast du zugesagt, an dem eigentlich freien Tag doch zu arbeiten, eine Freundin hat ein Treffen vorgeschlagen und ihr habt euch schon länger nicht gesehen …

Wenn du dann da stehst und es dich förmlich aus der Bahn wirft, weil du deine Aufgabe nicht erledigt bekommst wie geplant, ist das ein Problem.

Dasselbe Prinzip gilt übrigens auch für Diäten, die man dann abbricht, weil man eine Tüte Chips gefuttert hat und jetzt „eh alles keinen Sinn mehr hat“.

Runterbrechen, runterbrechen, runterbrechen

Beim Planen kann es mir fast nicht kleinteilig genug sein. Ich würde, um bei dem Beispiel mit der Wochenaufgabe zu bleiben, niemals etwas notieren wie „Küche putzen“. Das ist viel zu ungenau.

Risiko 1: Du putzt den Boden und hakst die Aufgabe ab. Als du dir selbst die Aufgabe gegeben hast, hast du aber eigentlich gemeint, bei dieser Aufgabe zum Beispiel auch die Arbeitsflächen und den Herd zu reinigen.

Risiko 2: Du nimmst es genauer und fühlst dich schlecht, weil du diesen Haken nicht setzen kannst. Hättest du Boden wischen, Herd reinigen, Arbeitsflächen reinigen … als einzelne Punkte notiert, könntest du zumindest einen Teil abhaken.

Abhaken ist besser als nicht abzuhaken

Wenn du es kleinteiliger angehst wie eben empfohlen, mach dir einfach bewusst, dass jeder Haken, den du setzt (oder alles, was du durchstreichst; wie auch immer du vorgehst), etwas ist, das vorher noch nicht gemacht war. Es ist egal, ob noch offene Punkte da sind, du Dinge nicht geschafft hast oder einfach keine Lust dazu hattest. Der wichtige Punkt ist: Es ist besser als vorher.

Ob dauerhaft oder nicht (bei wiederkehrenden Aufgaben) ist völlig egal. Es ist aber besser als vorher. Nimm das als Mantra: Es ist besser als vorher.

Planen, um zu lernen

Nein, sorry, ich meine damit nicht das Lernen für Prüfungen und derlei, das mit einem Planer oder Listen strukturiert wird (obwohl ich das liebend gern mache und sehr hilfreich finde). Ich meine, dass du durch Planer und Listen tatsächlich mehr über dich und auch über Aspekte des Lebens lernen kannst. Klingt verrückt?

Ein wunderbares Beispiel ist hier wieder der Haushalt. Nehmen wir diesmal das Putzen des Bads und nehmen an, du hast dir notiert:

  1. WC reinigen
  2. Dusche/Wanne reinigen
  3. Waschbecken reinigen
  4. Ablagen reinigen
  5. Spiegel putzen
  6. Fenster putzen
  7. Boden putzen

Das sind sieben Punkte und ist damit eine ganze Menge. Oder? Versuche mal, möglichst spontan festzulegen, wie lange das dauern wird. Sagen wir, du kommst auf zwei Stunden. Und dann schau mal, wie lange du wirklich gebraucht hast. Gut, es hängt natürlich auch davon ab, wie groß dein Bad ist, wie lange es nicht mehr gereinigt wurde, wie viele Personen es nutzen, wie viel dort herum steht und so weiter. Aber die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass du diese Tätigkeiten zeitlich zu hoch ansetzt und tatsächlich nur die Hälfte oder sogar nur ein Drittel der veranschlagten Zeit benötigst. Das gilt ganz besonders für Haushaltstätigkeiten einschließlich Kochen, aber auch für Lernzeiten, Wegezeiten, Wartezeiten und alles andere.

Wenn du das regelmäßig reflektierst, verlieren solche Aufgaben ihren Schrecken und du fängst wahrscheinlich eher mit ihnen an. Weil du dir bewusst gemacht hast, dass der Dinosaurier an Aufgaben eigentlich bloß ein Igel ist. Vielleicht ungeliebt, da stachelig, aber auch nicht so groß wie gedacht und schon gar nicht gefährlich.

To-Want statt To-Do

Als ich 2024 auf die To-Want-Listen von Judith Peters aufmerksam wurde, haben sie mich aus all den vorgenannten Gründen sofort begeistert. Und tatsächlich verfolgt sie damit auch ganz ähnliche Gedanken. Bei einer To-Do-Liste entsteht Druck. Das ist etwas, das man machen muss. Schafft man es nicht, hinterlässt es negative Gefühle. Ist es aber ein To-Want, dann ist es lediglich ein Sammelsurium an Ideen und Dingen, die man machen möchte. Es ist nicht schlimm, wenn daraus nichts wird.

Genau das ist der springende Punkt bei all dem. Du hast eine Liste angefangen mit interessant erscheinenden Filmen oder Büchern, aber am Jahresende gerade mal drei davon gesehen oder gelesen, dafür aber eine mittlerweile viel längere Liste? Ja, und? Dann hast du dir die Zeit für drei hoffentlich gute Bücher oder Filme genommen. Gute Sache! Und zugleich weißt du, da draußen gibt es noch eine Menge mehr. Für irgendwann. Das ist okay.

Analog oder digital planen?

Ausschnitt aus Vorratstabelle bei Notion

Ehrlich gesagt, ist es völlig egal. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Wenn du magst, hinterlasse mir gerne einen Kommentar, falls dich dazu mehr interessiert. Dann schreibe ich dazu gern einen detaillierten Folgeartikel mit den ganzen Optionen die dir zur Verfügung stehen. An dieser Stelle reicht es aber, wenn ich schreibe: Was für dich funktioniert, ist die richtige Lösung.

Ich selbst ziehe Zettel und Stift vor und habe eigentlich immer einen karierten Block dabei, um Dinge zu notieren. Zu Hause auf dem Schreibtisch ebenso wie im Rucksack, der Handtasche und so weiter.

Bei langfristigeren Sachen wie meiner Übersicht über Lebensmittelvorräte verwende ich Notion. Das muss ich nicht ständig parat haben. Und wenn ich doch mal im Supermarkt stehe und gern nachsehen würde, kann ich die entsprechende App nutzen.

Sachen, die mit vielen Bildern und/oder Fragmenten zu tun haben, sammle ich wiederum in OneNote. Dazu gehören beispielsweise Moodboards.

Kurzum probiert man einfach aus, was einem wie taugt (oder auch nicht) und nimmt dann das, womit man sich am wohlsten fühlt.

Planen für Pflegende

Ich habe schon öfter die Rückmeldung bekommen, dass meine Übergabezettel sehr strukturiert wären. Sind sie auch. Funktioniert so für mich einfach am besten und sorgt für die nötige Übersicht, zumal sich ohnehin verschiedene Dinge im Verlauf eines Dienstes ändern können oder mal schnell nachgesehen werden wollen.

Wie ich hierbei vorgehe, erläutere ich auf jeden Fall noch in einem Folgeartikel. Interessiert dich hierbei etwas besonders?

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